Überblick: Hier befinden sich Russlands Immobilien in Deutschland #7
Nutzt russischer Geheimdienst eine Lagerhalle in Berlin-Karlshorst?
Liebe Leserinnen und Leser,
ein Umbruch steht in Deutschland an. Auf Olaf Scholz (SPD) folgt Friedrich Merz (CDU) und damit ein anderer Politikstil. Im Außenministerium folgt Johann Wadephul (CDU) auf Annalena Baerbock (Grüne). Feministische Außenpolitik, wie Baerbock ihren Stil nannte, kann man von ihm nicht erwarten, aber er wird in Sachen Russland und Ukraine den Kurs von Baerbock sehr wahrscheinlich ähnlich fortsetzen. Gut für die Ukraine! Auch in Sachen EU und NATO wird Wadephul die Politik seiner Vorgängerin wohl fortsetzen.
Hohe Mieten sind seit vielen Jahren ein Dauerthema in deutschen Großstädten. Gleichzeitig verfallen viele Immobilien. Besonders deutlich wird dies in Berlin-Karlshorst, wo gleich mehrere Wohnhäuser immer noch in Besitz des russischen Staates sind, aber Russland keinerlei Interesse an einer Nutzung hat, die deutsche Politik aber offenbar auch nicht. Deshalb habe ich mich mal umgeschaut, welche Immobilien in Deutschland dem russischen Staat oder staatsnahen Unternehmen gehören.
Inhalt:
Deutschlands neuer Außenminister positioniert sich pro-Ukrainisch
AfD-Politiker Krah besucht Anti-Ukraine-Konferenz
Marine-Station im Moor im Visier der Russen?
Überblick: Russlands Immobilien in Deutschland
Kreml-Propaganda auf dem Marktplatz in Berlin-Karlshorst
Politik
Deutschlands neuer Außenminister positioniert sich pro-ukrainisch
Mit Johann Wadephul bekommt Deutschland einen überzeugten Europäer und Ukraine-Freund als Außenminister unter dem zukünftigen Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). Der CDU-Politiker verkündete am 24. Februar 2025: „Wir brauchen jetzt Initiativen, die die ukrainische Sicherheit langfristig garantieren. Für die Ukraine. Mit der Ukraine!“
Wadephul diente nach seinem Abitur von 1982 bis 86 als Zeitsoldat bei der Bundeswehr und ist Oberstleutnant der Reserve und damit der erste Reservist im Offiziersrang auf diesem Posten. Vor der Bundestagswahl war er stellvertretender Fraktionsvorsitzender und zuständig für Auswärtiges, Verteidigung, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sowie für den Europarat. Zudem hatte er den Vorsitz der Deutsch-Südkaukasischen Parlamentariergruppe und war Leiter der deutschen Delegation zur parlamentarischen Versammlung der NATO.
Wohl auch deshalb rückte er ins Visier der Russen. Im Februar legten ihn die russischen kremlnahen „Komiker“ Wowan und Lexus rein, indem sie sich als Mitarbeiter des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ausgaben. In dem Gespräch soll er laut Berliner Zeitung „Russland wird immer ein Feind für uns bleiben, wie immer auch der Krieg in der Ukraine enden möge“ gesagt haben. Russland-Freunde von Weltwoche, BSW und NachDenkSeiten sind empört. Gut so! Wadephuls Analyse ist richtig. Solange Russland nach Kriegsende nicht seine eigenen Verbrechen und die Kolonialgeschichte aufarbeitet, der Ukraine Reparationen für alle entstandenen Schäden bezahlt und im europäischen Teil nicht massiv abrüstet, kann Moskau nur als Feind betrachtet werden. Kleiner Trost für Wadephul: Auch Habeck und Merkel fielen auf die Fake-Anrufe aus Russland herein.
AfD-Politiker Krah besucht Anti-Ukraine-Konferenz
Die Beziehungen des AfD-Bundestagsabgeordneten Maximilian Krah nach Moskau und zum pro-russischen ukrainischen Oligarchen Wiktor Medwedtschuk sind gut dokumentiert. Nun wird bekannt: Krah nahm am 8. März an einer Konferenz in Belgrad teil, bei der rechtsextreme europäische Politiker den Einmarsch in die Ukraine diskutierten — vorgeblich zum Schutz der nationalen Minderheiten. Laut Berichten von Teilnehmenden waren Vertreter aus Bulgarien, Rumänien, Ungarn, Griechenland, Slowakei, Polen, Deutschland und Serbien anwesend. Das alles unter dem Deckmantel „Friedensprozess in der Ukraine”. Einer der lautesten Fürsprecher der Annexionspläne war laut t-online der bulgarische Politiker Angel Georgiev von der Partei „Wiedergeburt".
Wie absurd! Hier wird militärische Annexion als Frieden bezeichnet. Was AfD-Mann Krah auf der Veranstaltung suchte oder sagte, ist unklar.
Spionage

Marine-Station im Moor im Visier der Russen?
Sechs Funkmasten in einem Moor nahe zwischen Leer und Cloppenburg sorgen seit über 40 Jahren dafür, dass deutsche und NATO-U-Boote verschlüsselte Befehle empfangen können. Ein Wachsoldat entdeckte drei Männer mit einem Transporter und mehreren Drohnen nahe der Antennenanlage Mitte April, wobei einer der Männer laut dem Wachsoldaten etwas auf Russisch rief, bevor sie verschwanden, berichtet tagesschau.de. Polizei und Geheimdienste wurden informiert, konnten die Verdächtigen aber bisher nicht identifizieren. Der Vorfall reiht sich ein in eine Reihe von vielen Drohnen-Sichtungen an Bundeswehr-Standorten und Industrieanlagen.
Verschiedenes
Überblick: Russlands Immobilien in Deutschland
Während viele Russen außerhalb der großen Städte befestigte Straßen und eine funktionierende Kanalisation nur aus dem Fernsehen kennen, leben Russlands Diplomaten (sowie wahrscheinlich auch deren Spione) in Deutschland in Saus und Braus in meist luxuriösen Anlagen. Dennoch: Die Schwimmbäder und Tennisplätze gibt es teilweise seit Sowjetzeiten.
Hier eine Karte mit allen von mir gefundenen russischen Immobilien in Deutschland: https://www.google.com/maps/d/viewer?mid=1ES3QTjyggKeNL5ygAoFpLw8Yps8TDHI&usp=sharing
Russlands Ländereien in Deutschland erstrecken sich nach meinen Recherchen auf über 20 Hektar, viele davon in bester Lage.
Das größte Gelände in russischer Hand in Berlin ist — wenig überraschend — das der Botschaft zwischen Unter den Linden, Behrenstraße und Glinkastraße. Etwa 2,7 Hektar groß ist das Areal und umfasst neben der Botschaft auch einen Tennisplatz, einen Spielplatz und sogar eine eigene Schule. Was viele nicht wissen: In der Behrenstraße/Ecke Maurerstraße besitzt Russland weitere 6600 qm mit Unterkünften für Botschaftspersonal, Basketballplatz und Schwimmhalle.

Schwimmen scheint eine Lieblingsbeschäftigung unter russischen bzw. sowjetischen Diplomaten zu sein, denn auch die Residenz des Russischen Botschafters in der Amselstraße, mitten in einem Villenviertel, gibt es einen Indoorpool. Seit wann die Villa in Berlin-Dahlem von russischen Botschaftern bewohnt wird, ist nicht bekannt. Der älteste Medienbericht, den ich finden konnte, war von 2003.
Neben diesen offiziellen Gebäuden gibt es aber auch noch eine Reihe von teils ungenutzten Immobilien. Ebenfalls in Dahlem befindet sich im Reichensteiner Weg 34/36 das leerstehende Generalkonsulat der Sowjetunion. Warum Russland das Gebäude nicht verkauft oder anderweitig nutzt, ist nicht bekannt.
Ein wahrer Krimi entspann sich 2022 um eine ebenfalls dem russischen Staat gehörende Villa in der Lepsiusstraße 103, wo staatliche russische Journalisten residieren. Die Immobilie selbst gehört dem russischen Staat. Im April 1973 zog dort das Büro sowjetischer Außenhandelsverbände ein. Kurz nach Beginn der russischen Invasion in der Ukraine wurde im Kellerschacht der Immobilie eine "unkonventionelle Spreng-/Brandvorrichting" (USBV) gefunden, die aber nicht explodierte und am 6. Mai 2022 entdeckt wurde. Am wurde dafür der seit 1992 in Deutschland lebende Exil-Russe und Anti-Putin-Aktivist Dmitry B. zu fünf Jahren und vier Monaten Haft verurteilt. Er selbst bestreitet jede Schuld und sieht sich als Opfer einer Geheimdienstoperation. Am 27. April 2025 wurde bekannt [rus.], dass B. aus Protest gegen das Urteil und angeblich ungerechter Behandlung am 5. Mai in den Hungerstreik treten will. Laut dem Business Insider hatten 2022 noch die staatlichen Medien Ria Novosti und Rossiya Sogodnya ihren Sitz in der Lepsiusstraße. Was in der Villa aktuell geschieht, ist nicht bekannt.

Eine weitere größere Ansammlung russischer Immobilien hat Berlin-Karlshorst. Seit dem Abzug der Sowjet-Truppen und ihrer Geheimdienste (der KGB in Deutschland hatte in Karlshorst seinen Hauptsitz) gibt es dort vier verlassene Grundstücke: zwei an der Kreuzung Andernacher Straße und Königswinterstraße, ein weiteres an der Ecke Ehrenfelsstraße/Loreleystraße und eins in der Straße Am alten Flugplatz (ehem. inoffizieller Name “Straße am Heizhaus”. Laut dem Historiker Christoph Meißner vom Museum Berlin-Karlshorst sei letzteres erst 1994 in russischen Besitz gekommen. Es handelt sich um alte Flugzeughallen auf 17400 qm. Im Gegensatz zu den anderen russischen Immobilien in Karlshorst, gibt es hier rege Aktivitäten, wie verschiedene Satellitenaufnahmen und von Google Street View mit auf dem Gelände parkenden Autos belegen. Von 1991 bis 2003 soll die Föderale Agentur für Regierungsfernmeldewesen und Information (FAPSI), die aus dem KGB hervorging, hier eine Außenstelle unter dem Decknamen „Produktionslager der Botschaft der Russischen Föderation“ gehabt haben. So hieß es damals auf einem Schild. Die Berliner Zeitung zitierte 1996 einen “hochrangigen Vertreter der Spionageabwehr” so: “Wir gehen davon aus, daß es sich bei dem Anwesen in Karlshorst um eine Residentur des russischen Geheimdienstes FAPSI handelt, die auch der Überwachung des Berliner Fernsprechverkehrs dient.” Im Bericht heißt es außerdem, dass die FAPSI-Residentur mit der Rückfront an das ehemalige Stasi-Objekt der für das Betreiben der Regierungs- und Sondernetze der DDR zuständigen MfS-Abteilung N grenze. "Die sitzen praktisch auf einem Knoten der wichtigsten Telefonkabel Berlins", zitierte die Berliner Zeitung damals einen ehemaligen Abhöroffizier der Stasi. Laut dem Autor Söhnke Streckel (S. 82) soll das Gelände auch noch 2008 vom Nachfolgedienst SSSI/FSO für nachrichtendienstliche Zwecke genutzt worden sein. Ob die wichtigen Telefonkabel immer noch dort liegen und aktiv sind, ist unklar, denn die Telekom, der zwischenzeitlich das ehemalige MfS-Gelände gehörte, ist auf dem Nachbargrundstück schon lange weg. Dass auch heute noch das Gelände von Russland genutzt wird, deutet darauf hin, dass es aber aus irgendwelchen Gründen weiter ein wichtiger Standort für die Geheimdienstleute sein muss.
Die drei anderen Immobilien sind weniger spektakulär und verfallen seit Jahren immer weiter. Russland scheint kein Interesse an einem Verkauf zu haben. Auf einen Brief der Berliner Behörden 2020 hat die Russische Botschaft nie geantwortet, berichtet die DW. Die CDU-Politikerin Lilia Usik, Mitglied im Berliner Abgeordnetenhaus, setzt sich dafür ein, dass die Häuser im Rahmen der Sanktionen an die Ukraine übergeben werden und diese die dann verkauft oder an Deutschland zurückgibt.
Neben der Botschaft ist die wahrscheinlich zweitbekannteste Immobilie das “Russische Haus für Wissenschaft und Kultur”in Berlin. Neben Kunst- und Kulturveranstaltungen haben oder hatten dort diverse dubiose Vereine ihren Sitz. In einer anderen Newsletter-Ausgabe werde ich mich mal ausführlich mit dem Russischen Haus in der Friedrichstraße beschäftigen.
In gleich mehreren russischen Generalkonsulaten in Deutschland musste am 1. Januar 2024 der Betrieb eingestellt werden. Als Reaktion auf die Ausweisung von deutschen Bediensteten aus Russland hatte die Bundesregierung bereits im Mai 2023 den Betrieb von vier russischen Generalkonsulaten in Deutschland bis Jahresende untersagt. Sämtliche Hoheitszeichen des Generalkonsulats mussten jetzt entfernt werden. Laut Auswärtigem Amt bleibt die Russische Föderation Eigentümerin der Liegenschaft. Auch Miet- und Pachtverträge sind von der Schließung unberührt, berichtet der NDR. Betroffen sind die Einrichtungen in Hamburg, Frankfurt, München und Leipzig.
Lediglich das Generalkonsulat in Bonn darf geöffnet bleiben. Das über 10 Hektar große Gelände hat u.a. einen eigenen Tennisplatz und einen Swimmingpool. Ganz in der Nähe, in der Venner Straße 31, liegt die ehemalige Residenz des sowjetischen bzw. russischen Botschafters. Im Jahr 1999 ist dort der Botschafter ausgezogen und seit 2016 steht das Haus wohl ganz leer. Auch dieses Haus — ihr ahnt es — hat natürlich ein Schwimmbad und eine Sauna. Sogar ein kleiner Konzertsaal soll sich in der Villa befinden.

Weniger luxuriös sind hingegen die Häuser der Russischen Föderation in der Friedrich-Engels-Straße 3-7 in Köln-Lindenthal. Sie gehören einem staatlichen russischen Unternehmen und stehen seit Jahren leer. Gleich Bild in der Kölner Classen-Kappelmann-Straße 47. Das unscheinbare Mehrfamilienhaus gehört Russland und steht seit Jahrzehnten leer. Früher hätten hier KGB-Mitarbeiter gewohnt, heißt es in der Kölnischen Rundschau.

Mit dem Verfall kämpft auch die Liegenschaft im brandenburgischen Königs Wusterhausen bei Berlin. Früher fand sich hier am Krummen offiziell die Handelsvertretung der GUS. Heute steht sie wahrscheinlich. Über dieses Grundstück und seine Geschichte finden sich mit die wenigsten Hinweise. Laut Google-Rezensionen befand sich hier mal ein Ferienheim.
Desinformation

Kreml-Propaganda auf dem Marktplatz in Berlin-Karlshorst
Während in der ukrainische Hafenstadt Odesa fast täglich Raketen und Shahed-Drohnen einschlagen, haben pro-russische Aktivisten den 2. Mai genutzt, um auf dem Odesaplatz in Berlin-Karlshorst für Russland zu demonstrieren. Warum der 2. Mai? An dem Tag griffen pro-russische einen pro-ukrainischen Umzug mit Schusswaffen an. Am Abend verschanzten sich die Russland-Fans im Gewerkschaftshaus. Beide Seite bewerfen sich mit Molotow-Cocktails. Die Polizei schreitet stundenlang nicht ein. Dann beginnt das Haus zu brennen und mehrere Dutzend Menschen sterben. Wer am Ende für den Brand verantwortlich ist, ist bis heute nicht offiziell aufgeklärt. Dennoch wird dieser Jahrestag von pro-russischen Kräften genutzt, um gegen die Ukraine zu hetzen.
Auf der Demonstration in Karlshorst sprach auch ein Mitglied eines ominösen Vereins, der Verbindungen in die russisch besetzten Teile der Ukraine pflegt: Friederike Schlegel von der „Friedensbrücke Kriegsopferhilfe“. Der Verein arbeitet eng mit den “Separatisten” in den besetzten Gebieten zusammen und liefert nicht nur humanitäre Mittel an die Bevölkerung.
Die Vorsitzende des Vereins lebt nach eigenen Angaben nicht mehr in Deutschland – sondern in Moskau, berichtet der Tagesspiegel. Dort habe die Brandenburgerin „politisches Asyl“ beantragt, nachdem sie in Deutschland offenbar mehrere Strafverfahren erwarteten.
Sollte ich eine russische Immobilie vergessen haben, dann schreibt mir gern. Dann nehme ich sie auch noch auf. Habt ihr weitere spannende Informationen zu diesen Immobilien oder dem Russischen Haus, dann dürft ihr mir ebenfalls gerne schreiben.
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