Ulrike Guérot mit AfD-Politiker in Russland
Guérot verbreitet gleich mehrere Unwahrheiten über Deutschland
Liebe Leserinnen und Leser,
vorletztes Wochenende war ich von Julia zu einem Picknick in Berlin eingeladen, wo ich ein paar interessante Dinge über das Russische Haus in der Friedrichstraße erfahren habe. In einem der nächsten Newsletter gehe ich darauf eventuell mal genauer ein, denn wenn das wirklich so ist, dann müsste das Russische Haus wirklich schnellstens geschlossen werden. Julia habe ich durch die Osteuropa-Instagram-Bubble kennengelernt. Sie schickt alle paar Wochen einen Newsletter mit interessanten Terminen zu Osteuropa und guten Filmen rum. Folgt ihr mal!
Inhalt:
SPD-Politiker will „Propaganda-Tempel“ schließen — Deutschland finanziert Russisches Haus
Stegner muss Geheimdienst-Kontrollgremium offenbar verlassen
Ulrike Guérot mit AfD-Politiker Moosdorf in Russland
Politik
SPD-Politiker will „Propaganda-Tempel“ schließen — Deutschland finanziert Russisches Haus
Der Berliner SPD-Politiker Alexander Freier-Winterwerb scheint ein Freund der klaren Worte zu sein. In der Bild-Zeitung forderte der Politiker aus dem Berliner Abgeordnetenhaus nicht nur die Schließung des Russischen Hauses in der Friedrichstraße, sondern bezeichnete dieses auch als “Propaganda-Tempel”. Mit kulturellem Austausch habe das nichts mehr zu tun. Stattdessen solle es ein “Baltisch-Ukrainisches-Haus” geben. “Das wäre ein Ort des Lernens, der Begegnung, des Erlebens und der europäischen Solidarität”, sagt Freier-Winterwerb der Bild. Jetzt müssen nur noch Taten folgen.
Eine Ebene weiter oben im politischen System, im Bundestag, macht Robin Wagener (Grüne) der Bundesregierung Druck, damit das Russische Haus schließt. In einer schriftlichen Frage an das Auswärtige Amt bzw. die Bundesregierung wollte der Abgeordnete wissen, ob die Bundesregierung Ausgaben zur Übernahme der Grundsteuer für das Gebäude in der Friedrichstraße 176-179 sperren wolle. Zuerst berichtete der Focus (€-Artikel). Auch mir liegen die Anfrage von Wagener und Antwort der Regierung vor, genauso wie der Haushalt 2024 des Auswärtigen Amtes. Laut diesem gab das AA im vergangenen Jahr 70.000 Euro an Grundsteuer für das Russische Haus. Im Gegenzug wird von Russland die Grundsteuer des Goethe Instituts in Moskau übernommen. Wie hoch diese ist, ist nicht bekannt. Mit anderen Worten: Deutschland zahlt für russische Propaganda. Zwar gehört der Bundesrepublik Deutschland das Grundstück, die Immobilie selbst aber dem russischen Staat.
Die Antwort der Bundesregierung: ernüchternd. Aufgrund eines Vertrages von 2013 sei man daran gebunden die Grundsteuer zu bezahlen. Tja, Russland kündigt Abkommen mit dem Westen und wir halten uns brav daran. Laut Berichten von 2010 gab es damals einen Streit zwischen dem Bund und dem Land Berlin, wer die Grundsteuer für das Haus zahlt. Die Summen, die damals diskutiert wurden, waren sogar noch weit höher. Es ging um 180.000 bis knapp 200.000 Euro, berichteten Tagesspiegel und Berliner Zeitung.
Stegner muss Geheimdienst-Kontrollgremium offenbar verlassen
Der SPD-Politiker Ralf Stegner hat sich hingegen einen Querschuss zu viel geleistet. Wie Der Spiegel berichtet, soll der umstrittene Sozialdemokrat Stegner nicht erneut für das wichtige Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) des Bundestages nominiert werden. Gegenüber dem Spiegel sagte Stegner: “Ich glaube, dass ich meiner Verantwortung in der letzten Legislaturperiode als Vorsitzender des Untersuchungsausschusses zu Afghanistan und Mitglied im PKGR gerecht geworden bin. Wenn jetzt nur noch zwei Plätze für die SPD da sind, macht es Sinn, den Innen- und Verteidigungsbereich zu nehmen.” Auch die Abgeordnete Marja-Liisa Völlers soll nicht erneut nominiert werden. Stattdessen ollen Fraktionsvize Sonja Eichwede und der Abgeordnete Daniel Baldy die SPD-Fraktion vertreten. Die Entscheidung wird am heutigen Dienstag gefällt.
Stegner war zuletzt durch ein “Manifest” aufgefallen, das eine Wiederannäherung an Russland fordert und die geplante Aufrüstung kritisiert. Bereits davor war durch Recherchen von ARD-Kontraste und der Zeit aufgedeckt worden, dass es mindestens drei geheime Treffen in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku zwischen deutschen und russischen Vertretern gab, wo u.a. auch Stegner teilnahm. Das PKG kontrolliert den Bundesnachrichtendienst (BND), den Militärischen Abschirmdienst (MAD) und das Bundesamt für Verfassungsschutz.

Ulrike Guérot mit AfD-Politiker Moosdorf in Russland
Während russische Soldaten in der Ukraine von Putins Generälen in oftmals sinnlosen Sturmangriffen verheizt werden, genießt der AfD-Bundestagsabgeordnete Matthias Moosdorf das Leben in russischen Konzertsälen, schicken Hotels und auf dem Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg. Immerhin gibt es auch etwas zu feiern, nämlich den Geburtstag seines Freundes und Kulturmanagers Hans-Joachim Frey, der seit ein paar Jahren vor allem in Russland lebt. Früher war er ein angesehener Direktor der Semperoper in Dresden. Im russischen Exil ist er künstlerischer Direktor der Sirius Foundation, die von “Putins Brieftasche”, dem Cellisten Sergej Roldugin, geleitet wird. Beim Geburtstagskonzert am 15. Juni spielte Roldugin natürlich auch. Der AfD-Politiker Moosdorf, selber begabter Cellist, sitzt im Publikum neben Frey.
Ebenfalls im Publikum sitzt die Politikwissenschaftlerin und ehemalige Professorin Ulrike Guérot. In Deutschland bekannt ist sie vor allem für ihre Talkshow-Auftritte bei Markus Lanz.
Vier Tage später, am 19. Juni, haben Moosdorf, Frey und Guérot einen gemeinsamen Auftritt auf dem Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg, wo sie zum Thema “Diplomatie der Kulturen im Übergang zu einer multipolaren Welt” auf einem Panel sitzen. Moderiert wird dieses von Putin-Berater Michael Schwydkoy.
Für Guérot war das nicht die einzige Veranstaltung in Russland. Sie hielt auch eine Lesung, wo sie behauptete:
“Weil wir seit 20-30 Jahren jede Russland-Forschung abgeschafft haben, Bundesinstitut für ostwissenschaftliche Studien in Köln zum Beispiel. Weil niemand mehr Russisch lernt. […]”
Das sind gleich mehrere Lügen in einem Satz. Ja, das Bundesinstitut wurde geschlossen, aber es gibt zahlreiche weitere Institute und Stiftungen, die sich mit Russland und russischer Politik beschäftigen. Auch Russisch kann weiter an vielen Schulen und Universitäten gelernt werden. Da ist es schon fast eine Ironie, dass die Politikwissenschaftlerin ihren Job als Professorin an der Uni Bonn wegen Plagiaten verloren hat.
In einem anderen Interview auf dem Wirtschaftsforum fordert Guérot ein Pendant zum Deutsch-Französischen Jugendwerk, was man für den Austausch unter Jugendlichen aus Europa und Russland schaffen müsste. Dumm nur, dass es bereits seit 2004 die Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch gibt, die genau dies zum Ziel hat(te). Hier merkt man, wie wenig Ahnung Ulrike Guérot von den deutsch-russischen Beziehungen hat.
Moosdorf selbst traf sich jedoch nicht nur mit Guérot und Frei, sondern auch mit Hoteldirektor Gerold Held, dem Ex-Journalisten und Putin Biografen Hubert Seipel und Weltwoche-Chefredakteur Roger Köppel im feinen Astoria Hotel in St. Petersburg, das Held leitet.
Obwohl Moosdorf gut von deutschen Steuergeldern bezahlt wird, verbringt er viel Zeit für private Aktivitäten in Russland. Auf meine Anfrage, wer seine Reisen bezahlt, hat der AfD-Politiker übrigens immer noch nicht geantwortet. Am “Fall Moosdorf” werde ich dran bleiben, denn es war garantiert nicht seine letzte Reise in Putins Reich, wo er seit 2024 auch als Honorarprofessor für eine staatliche Musikhochschule arbeitet.
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